So, heute gibt es wirklich mal zwei Tage in einem Artikel. Letzte Nacht war’s einfach zu spät und so richtig viel ist auch nicht passiert. Dazu kam unsere Lotta, die kaum etwas frisst und das wenige nicht bei sich behält.
Heute steht Stirling Castle auf dem Programm. Auch das gehört zur Historic Scotland Reihe und wir kommen nicht nur umsonst hinein sondern auch noch auf der Überholspur – der schottische Burgherr nennt das ‚Fast Track Lane‘ und das ist VIP pur. Kein Anstellen in der Kassenschlange, nix bezahlen und auch noch die Audio-Guides für lau – so macht schon der Eintritt Spaß.
Vor den Eintritt hat das Schicksal aber das Parken gesetzt und davor die Parkplatzsuche. Das Navi will uns irgendwo mitten im Ort parken lassen. Ich will Gisela direkt zum Castle schicken (ich war ja schon mal da und erinnere mich an einen großen Parkplatz), dorthin führt eine steile Kopfsteinpflasterstraße und in dem Durcheinander mit drei Guides die alle andere Anweisungen geben (Navi, Saskia, Siegbert) wird Gisela etwas hektisch. Nach einem kleinen Umweg über einen ausgeschilderten Parkplatz auf dem man aber nur 2 Std. stehen darf geraten wir dann zufällig bis fast auf den Castle-Parkplatz und die letzten 100m machen wir dann auch noch. Der Platz soll angeblich sehr teuer sein und wir rechnen mit deutlich über 10 Pfund – es werden dann aber nur 4 und so erweist sich die Parkplatzsuche letztlich doch als glückliche Fügung.
Im Castle passiert erstaunlicherweise nichts, rein gar nichts. Ich war ja schon sehr vorsichtig, insbesondere am Gun Powder Magazine, aber diesmal löst Gisela keinen Feueralarm aus, obwohl sie sogar dort drin war. Die Audio-Guides sind je nach persönlichem Empfinden irgendwas zwischen super-kenntnisreichem Führer und Labertasche. Aber spätestens nach dem fünften Vortrag von mehreren Minuten Länge ist allen klar: Labertasche. Man müsste jeweils eine Kurzfassung und Langfassung auswählen können. Dann wären die Besucher aber alle nach 10 Minuten wieder draußen (wie war das doch mit der Fast Track Lane?). Wir brauchen 2 1/2 Stunden (aber nicht wegen der Audio-Guides, die laufen sozusagen nebenbei) und wenn unsere Hunde nicht warten würden und wenn wir heute nicht noch ein Ziel hätten wären wir wohl noch länger dort geblieben.
Nach einem kurzen Weg mit den Hunden über den Friedhof (ja, auch der ist interessant) versuchen wir unserem Navi beizubringen, dass wir vielleicht noch die ‚Old Stirling Bridge‘ und das Wallace-Monument anschauen würden, wenn sie am Weg zum nächsten Ziel liegen. Dass es die Brücke nicht kennt ist ja noch verzeihlich, aber ein Navi das angeblich alle wichtigen POIs kennt und dann ohne Wallace Monument? Die TomTom-Kartenentwickler werden dafür zu 10 Tagen Braveheart ohne Pause verdonnert, danach wird’s vielleicht besser.
Da beide Ziele aber ohnehin in der falschen Richtung liegen und wir unbedingt heute noch zum Falkirk Wheel wollen, lassen wir sie dann doch aus. Der Weg führt uns aber auch zur schottischen Version des bekannten Geheimdienstspiels Russisch Roulette. Scotisch Roulett spielt man aber ganz anders. Man betritt eine an sich harmlose Toilette aber wenn man gerade den falschen Moment erwischt hat, erwischen einen 3000 Volt oder man startet vielleicht sogar zum Mond – wir haben es lieber nicht ausprobiert.
Am Falkirk Wheel ist vor allem Gisela ganz brav, obwohl bei dem vielen Wasser ein Feueralarm kaum ein Problem gewesen wäre. Wir bestaunen diese schottische Art eines Schiffshebewerks, bei dem das Schiff in eine wassergefüllte ‚Gondel‘ fährt und dann ein Wheel mit zwei dieser Gondeln so gedreht wird, dass die obere Gondel nach unten und die untere nach oben fährt.
Dann folgt eine dreistündige Campingplatzsuche. Der erste Platz auf dem Weg von Falkirk nach Edinburgh ist besetzt, laut dem Betreiber sind die nächsten Plätze in Edinburgh. Der erste ist auch voll, wir fahren zum zweiten und auch dort ist alles belegt. Ist ja auch klar, weil im August ja immer ‚das Festival‘ ist – ja warum sagt uns das denn keiner vorher (z.B. auf dem ersten Platz), dann hätten wir uns Edinburgh gleich gespart. Also weiter nach Aberlady. Dort kommen wir aber erst im Dunklen an, es ist halb zehn und wir wollten doch grillen. Egal, Plan ist Plan und so wird der Grill aufgestellt, die extra unterwegs gekauften Barbecue Firelighters angezündet, Briketts drauf und einmal der ganze Platz eingeräuchert. Aber auch ohne den Rauch sind wir um die Zeit die Platzattraktion schlechthin wie die Blicke aller Vorbeigehenden beweisen. Der Platzbist zwar relativ billig, aber nicht preiswert – es ist eindeutig der schlechteste bisherige Platz. Die Duschen haben nur Saloon-Schwingtüren (natürlich auch nur halbhoch), es gibt nur ein einziges Becken für den Abwasch und sauber sieht auch anders aus. Na ja, wir haben ja heute geduscht, dann fällt das morgen mal aus. Der Abwasch ist am nächsten Morgen etwas größer, was einen freundlichen Schlagestehen-gewöhnten Engländer zu heftigen Flüchen und dem Abwasch im Handwaschbecken der Toiletten nötigt.
Der Aufenthaltsraum ist für alles geeignet – wirklich alles aber nicht als Aufenthaltsraum. Er hat einen Herd, eine Mikrowelle, einen Esstisch, eine Waschmaschine (ja, man kann hier seine vollgekleckerte Wäsche sofort wieder reinigen), einen Wickeltisch (auch zum Reinigen, besonders gut beim Essen), einen Kühlschrank, eine Dampfbügeleisen, diverse Prospekte von 1974 bis 2012 und – last not least- einen Röhren-Fernseher. Der geht aber nicht, weil die Fernbedienung des Fernsehers vorhanden ist, die des Receivers aber nicht – vielleicht liegt sie ja im Kühlschrank oder unter dem Dampfbügeleisen. Wir sparen uns die Suche.
Unser Mitternachtsgrillen ist eine Doppelt-Blindprobe: erstens sieht man nicht was man isst und zweitens nicht ob es schon durchgebraten ist. Aber da sowieso keiner weiß, wie ‘bramly apple saussages’ schmecken, fällt das zuerst gar nicht auf. Ist halt englisches Essen, das muss ja komisch weich sein (heißt das Konsitenz oder Kotzistenz?) und seltsam schmecken. Am Schlus sind aber 10 der 12 Würste und alle 10 ‘britisch steak beaf burgers’ aufgegessen. Wir sind pappsatt und müssen mit einem Whisky nachspülen – außerdem wollen wir die nicht durchgebratene Apfelwurst wenigstens nachträglich desinfizieren.
Der nächste Morgen bring Regen – und zwar richtig viel Regen oder anders gesagt: eine Unwetterwarnung. Wir haben noch halbwegs Glück, fahren zwar im Dauerregen zur nächsten Abbey und auch bei der Besichtigung regnet es ununterbrochen weiter, was den dortigen Audio-Guide aber nicht daran hindert, zu jedem Stein der Abbey gefühlte zwei Stunden Geschichtsunterricht zu erzählen. Die zweite Besichtigung erfolgt bei inzwischen trockenem Wetter, mit ein paar vorsichtigen Sonnenstrahlen. Wir finden dort auch einen Raubtierzwinger ohne Inhalt, den haben wir aber dabei – siehe Bild. Auf dem Weg zur dritten Abbey verbessert sich das Wetter zwar nochmals, aber auf dem Weg dorthin sind die Straßen überflutet, das Navi leitet uns völlig sinnlos 2 km über Seitenstraßen um eine Überflutung zu umgehen, führt uns dann aber 20 m nech der Hügelkuppe, auf der wir abgefahren sind, wieder auf die selbe Straße zurück. Die Feuerwehr leitet den Verkehr aber sinnvoll um und wir erfahren später, dass hier um 10 Uhr die Welt untergegangen ist. Schlamm und Wasser kamen die Hangstraßen herab und haben etliche Geschäfte in der Stadt überflutet. Ähnlich ging es letztes Jahr in Kopenhagen auch, die wurden ebenfalls kurz vor unsere Ankunft überflutet. Zukünftig werden wir unsere Reiseplanung veröffentlichen, damit rechtzeitig die Unwetterwarnungen für die von uns demnächst besuchten Orte herausgegeben werden können.
Überflutet ist auch unser Wohnmobil, aber von innen. Unsere arme Lotta behält nichts bei sich, außer wir geben ihr ganz vorsichtig geringe Mengen Wasser. Fressen mag sie gar nichts und so rufen wir Sonntag Abend um halb sechs den Veterinär-Notdienst an. Verständigung per Handy und in englisch, na ja – geht so. Wir stehen in Jedburgh vor der Veterinär-Praxis, teilen das dem Notdienst auch mit, aber der Notdienst verständigt den Tierarzt im Nachbarort. Damit rechnet keiner und so wird beim Rückruf des Tierarzts über den Treffpunkt nur als ‚in der Praxis‘ gesprochen. Der Notdienst muss sonntags auch erst dorthin fahren, wir glauben er käme nach Jedburgh er fährt aber nach St. Boswell und ruft an dass er in der Praxis sei. Wir gehen zur Praxis, klingeln, kein Mensch da. Schließlich kärt sich alles auf, wir fahren 10 Meilen zur richtigen Praxis und nach einer Spritze und Traubenzuckerpräparat fürs Trinkwasser wird es Lotta hoffentlich nach und nach besser gehen.
Danach zurück nach Jedburgh zum dortigen Campingplatz. Erster Eindruck heute abend: sehr teuer und in der Rangliste der drittschlechteste Platz unserer Reise. Aber nach drei Stunden Suche gestern hat heute niemand mehr Lust auf ein ähnliches Erlebnis, Lotta braucht auch einen Platz ohne dauernde Schaukelei und so bleiben wir dann doch hier. Außerdem wollen unsere Mädels noch in die Wollfabrik am Ort, gehen dort sogar heute Abend noch hin, kommen mit erfolgreich erledigten Quick-Shopping zurück und so endet der Tag mal wieder mehr oder weniger gut.




Labernde Audio-Guides, grillen um Mitternacht in Laberlady, schottisch labernde Tierärzte – kein Wunder, dass Lotta da das Kotzen kriegt. Lotta, ich wünsche Dir rasche Besserung und dem Rest ein glücklicheres Händchen bei Streckenwahl Campingplatzsuche.
Aber Ihr könnt beruhigt sein, es kann ja nur besser werden.. obwohl, Duschen ohne Schwingtüren wäre schon noch eine Steigerung.
Grüße aus der Zivilisation
Duschen ohne Schwingtüren haben dann nur einen Vorhang? Das ist Zivilisation!