Leaving Scotland – oder warum britischer Rosè den kulinarischen Genuß vollendet

Brücke

Mit 13t würde ich mich da nicht rüber trauen

Der Morgenspaziergang führt uns von unserem überteuerten Campingplatz über eine baufällige Brücke, die angeblich noch 13t aushalten soll. Wir sind nur zu viert (Gisela, Lotta, Mara und ich) und trauen uns drüber. Lotta will nicht weit laufen, ihr geht es noch immer nicht gut.

Nach dem Frühstück folgt ein kurzer Einkauf in der Jedburgh Woolen Mill. Eigentlich hätten wir hier viel Wolle erwartet, aber es ist nur ein übergroßer Gift-Shop und direkt vor uns kommt auch ein ganzer Bus voller Japaner an, die nur in diesen Shop wollen. Auf dem Parkplatz gibt es weitere 13 Bus-Stellplätze und wir stellen uns vor, wie 700 Japaner den Shop füllen. Außerdem müssen die nach einer halben Stunde wieder weiterfahren – das ist bestimmt spaßig mit nur einer Kasse. Wir kaufen nur etwas Hintergrundmusik für Schottland-Bilder und sind vor den Japanern wieder draußen.

Im Ort hole ich für Lotta noch etwas Traubenzucker, da sie das in Wasser aufgelöste Präparat vom Tierarzt nicht nimmt. Aus den Traubenzuckertabletten kann man mit wenig Wasser einen Brei machen und sie zwangsernähren. Das hilft ein wenig, mit Traubenzucker und Wasser wenigstens den Kreislauf stabil zu halten.

Leaving Scotland

Grenze Scotland / England

Leaving Scotland

Grenze England/Scotland

Unser Weg zum Hadrianswall führt uns dann aus Schottland hinaus. Zufällig halten wir genau auf dem Parkplatz an der Grenze. Automatisch werden die Pässe gezückt aber komisch, kein Mensch kontrolliert hier obwohl wir mehrfach die Grenze hin und zurück überqueren. Dabei fällt auch glücklicherweise unsere illegale Einfuhr einer nicht vom Tierarzt behandelten und nicht gechipten englischen Spinne nach Schottland nicht auf. Ein schottischer Piper kommt gleichzeitig mit uns an, spielt ‚Scotland the Brave‘ und ‚Auld Lang Syne‘ und wir werden schon etwas traurig dabei.

Den Hadrianswall sehen wir immer wieder links und rechts der Straße. Mehrfach biegen wir ab, um uns einen Abschnitt genauer anzusehen. Die Eintrittspreise zur Besichtigung von alten zerfallenen Steinmauern sind uns aber zu hoch, auch weil wir durch die von Gießen aus in 45 Minuten erreichbare Saalburg da etwas verwöhnt sind. Aber auch ohne Eintritt kann man einen Großteil der alten Anlagen sehen – dann eben ohne Museum mit den ältesten Schrifttafeln Britanniens und ohne 3D-Animation aus der Vogelperspektive.

Auf einem der Wege ist Sven überzeugt, dass ich schon mal da gewesen sein muss. Am Wegrand liegt ein Hundekot-Beutel. Und die lasse ich immer dann am Weg liegen, wenn wir später den selben Weg zurücklaufen müssen, um sie dann in einer der hier überall zu findenden speziellen Mülltonnen zu entsorgen – und manchmal finden wir am Ende des Weges dann doch einen anderen Rückweg (wer in Rosemarkie am Moray Firth auf einem Pfosten am Rand des Golfplates  noch einen Beutel findet – sorry). Aber der hier am Hadrianswall ist nicht von mir! Vielleicht war es ja ein golfspielender Hundebesitzer aus Rosemarkie, der sich den Hadrianswall anschauen wollte?

Zwangsernährung

Die Finger sind noch dran

Lottas Zwangsernährung wird am Abend mit Hundefutter (Fleisch aus der Dose, gemischt mit Reis) fortgesetzt. Sie will noch immer absolut nichts fressen. Aber die wenigen Gramm die wir hineinbekommen sind eine Stunde später wieder draußen. Wir versuchen es nachher nochmal mit Traubenzucker, den verträgt sie besser und hat dann zwar nichts für Magen und Darm, aber wenigstens etwas für den Kreislauf.

Damit die arme Lotta nicht alleine ist, habe ich einen britischen Wein ‚Grove Manor Fruity Rosè‘ gekauft – habe aber nur das Fettgedruckte gelesen – hätte ich doch vorher mal ins Internet geschaut (http://www.aldi.co.uk/uk/html/product_range/product_range_18763.htm). Wie alle britischen Nahrungsmittel ist der auch etwas … nun ja, anders. Die Weinkenner neben mir interpretieren gerade den kirschigen und nussigen Abgang mit Noten von Parfüm, ich sage lieber dass es ein untrinkbares süßes Zeug ist. Das klingt zwar nicht so toll, trifft den Nagel aber auf den Kopf. Gisela steigt das Zeug aber zu Kopf, sie sagt noch irgendwas von groovy und Monet, aber so richtig ernstzunehmen ist das nicht mehr, nach einem halben Becher ‚Grove Manor‘. Sven möchte morgen zum Erzeuger fahren (Liverpool, gleich an der Autobahn – Google weiß alles) – ob er da fassweise einkaufen will bleibt ewig im Dunkeln, denn auch er hat schon zwei Schluck getrunken und ist zu keiner vernünftigen Äußerung mehr fähig. Giesla hat allerdings auch den britischen Wackelpudding überlebt. Es besteht also Hoffnung, dass wir morgen weiterfahren dürfen und können. Nur gut dass wir den nicht zu den Apfelgrillwürsten mit der weichen Kotzistenz getrunken haben. Dann hätte nur noch der Wackelpudding gefehlt. Ach ja, wir wollten doch den zu Hause gebliebenen noch etwas mitbringen …

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Eine Antwort zu Leaving Scotland – oder warum britischer Rosè den kulinarischen Genuß vollendet

  1. Burkhard sagt:

    Ich leide mit meiner Freundin, kann nichts lustiges schreiben…

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